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Gershom Scholem

Schon als sehr junger Mann kämpfte Scholem energisch gegen die fast zwingenden Assimilationsforderungen, die ein großer Teil der deutschen Juden zu Beginn des letzten Jahrhunderts annahm. Tausende waren bereit, ihre spezifische Identität als Juden aufzugeben, um so deutsch zu werden wie die Deutschen. Seiner Meinung nach war die Assimilation mehr als eine Vernunftehe oder eine Zwangsehe, sondern ein Opferakt der Selbstentmündigung.  

 

In Scholems Welt war es nicht üblich, dass deutsche Juden Hebräisch lernten, aber es war etwas, das Gershom Scholem ab dem Alter von 14 Jahren tat, im Widerspruch zu den Strengen, Befehlen und Forderungen seines durch und durch germanisierten Vaters. Neben seinem Studium der reinen Mathematik während des Ersten Weltkriegs - das er nicht unterstützte - entdeckte Scholem die unentdeckte und mehr oder weniger verlorene Welt der jüdischen Mystik, die in der Kabbala zusammengefasst wurde.

Café Atara Theater Köln

"Die Vorstellungswelt des Judentums hat in der Kabbala ihre größte Formulierung gefunden. Eine Geschichte der Kabbala ist eine hochdramatische Angelegenheit." (Gershom Scholem)

Die fantasievolle und schöpferische Vorstellungswelt dieser vernachlässigten Texte inspirierte ihn sein ganzes Leben lang, und er erkannte schon sehr früh, dass sie das Potenzial haben, das Judentum neu zu beleben und den trockenen Rationalismus der vorherrschenden rabbinischen Traditionen zu entrümpeln. Er erzählt uns, dass selbst die renommiertesten jüdischen Gelehrten, die die Werke der Kabbala sammelten, sie nicht lasen und sie als Unsinn abtaten.   Scholem erkannte die tiefe nicht-rationale Weisheit, die in den Texten verborgen ist, und nach seiner Übersiedlung nach Jerusalem im Jahr 1923 widmete er sein ganzes Leben der Erforschung und Wiederbelebung dieser verlorenen mystischen Tradition, um sie wieder sichtbar und wahrnehmbar zu machen. 

"Eines weiß ich mit Sicherheit: Die Kabbalisten wussten etwas, was wir nicht mehr wissen."

 

1946 wurde Scholem Mitglied der Kommission für den Wiederaufbau der jüdischen Kultur und organisierte den Transport von geraubten Büchern und Manuskripten aus dem "Offenbacher Depot" in die Nationalbibliothek in Jerusalem. Er unterhielt Kontakte zu deutschen Kollegen und sprach oft in Deutschland, betonte aber auch, dass die oft beschworene "deutsch-jüdische Symbiose" eine Illusion und ein "einseitiger Dialog" gewesen sei.

 

Im Mittelpunkt seines Zionismus stand die Wiederbelebung des jüdischen Geisteslebens und der jüdischen Kultur. Er setzte sich aktiv für eine konstruktive Form des Zusammenlebens mit den palästinensischen Arabern ein. Er wusste, dass es auch nach der Gründung des Staates Israel keine Alternative zu gegenseitigem Verständnis und Respekt auf allen gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Ebenen geben konnte.

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